Berliner Plädoyer für mehr Medienkompetenz und Demokratiebildung

Wir brauchen eine nationale Bildungsoffensive zur Stärkung der Medienkompetenz und Demokratiebildung!

Präambel

Wir, die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), setzen uns für Medienbildung aller Altersgruppen ein und verfolgen gemeinschaftlich die Ziele einer umfassenden Medienkompetenzförderung. Die GMK und die Unterzeichnenden appellieren an alle politischen Akteur*innen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene, die politische Verwaltung und Wirtschaft, Verlage und Medien, Landesmedienanstalten und die Kultusministerkonferenz (KMK), Gewerkschaften, Stiftungen und weitere Akteure der Zivilgesellschaft sich aktiv und entschlossen für die Förderung von Medienkompetenz und Demokratiebildung in unserer Gesellschaft einzusetzen.

In einer Zeit, in der Informationen und Desinformationen sich schneller verbreiten als je zuvor und demokratische Werte weltweit unter Druck geraten, sind die Fähigkeiten, Medien(-inhalte) kritisch und selbstbestimmt zu nutzen und demokratische Prozesse zu verstehen, von entscheidender Bedeutung. Denn um dem Medienwandel kompetent begegnen zu können, der sich durch fehlende Gatekeeper und die allzeit und ortsunabhängige Möglichkeit, Texte, Bilder und Filme publizieren zu können, auszeichnet, brauchen wir mehr und neue Formen demokratischer Beteiligung und die Fähigkeit Informationen und Nachrichten einordnen und dechiffrieren zu können. Nur durch eine informierte und aktive Gesellschaft und engagierte Menschen können wir die Grundlagen unserer Demokratie schützen und stärken.

Die weltweite Zunahme von Autoritarismus, der unaufhaltsame Klimawandel sowie Kriege und politische Unruhen stellen Gesellschaften vor große, globale Herausforderungen. Diese Herausforderungen werden durch Desinformation und Hass im Netz verschärft, was zu großen Verunsicherungen führt, Meinungsvielfalt, Teilhabemöglichkeiten sowie demokratische Diskurse behindern kann (vgl. Das NETTZ, GMK et al. 2024) und somit die Demokratie bedroht.
Die missbräuchliche Nutzung Künstlicher Intelligenz und personenbezogener Daten, auch durch kommerzielle Plattformen, kann dazu beitragen, dass die persönliche Souveränität, der Schutz der eigenen Daten und selbst geschaffener kultureller Werke nicht mehr gewährleistet ist. Auf der anderen Seite unterstützt klug eingesetzte Künstliche Intelligenz die Bekämpfung von Desinformation und schädlichen Inhalten im Netz.

Medienkompetenz und Demokratiebildung sind entscheidende Grundpfeiler, um den Herausforderungen souverän begegnen zu können. Die notwendigen Fähigkeiten für eine mündige politische Beteiligung in einer digital geprägten Welt müssen von früh an dauerhaft gefördert werden. Soziale, ethische, kulturelle, kreative, politische, informatische und technische Fragestellungen müssen miteinander verknüpft werden und zu einer umfassenden Medien- und Demokratiekompetenz in der durch Digitalisierung geprägten Gesellschaft führen (siehe dazu auch das Positionspapier Politische Medienbildung der GMK, 2024).

Unsere Forderungen:

1. Förderung und Stärkung einer partizipativen und kritischen Medienkompetenz:

  • Medienbildung und politische Bildung sollten feste Bestandteile von Bildungsplänen und Curricula aller Bildungseinrichtungen sein (Kindertageseinrichtungen (vgl. GMK 2023), Jugendhilfe, Schulen, Berufsschulen, Hochschulen, Volkshochschulen, Träger der Erwachsenenbildung und der Senior*innenarbeit). Darüber hinaus müssen allen Bürger*innen, unter Berücksichtigung Inklusiver Medienarbeit und digitaler Barrierefreiheit (vgl. GMK 2018), die Funktionsweise unserer Demokratie, ihre Institutionen sowie die Bedeutung von Medien bei der aktiven Teilnahme und in der sozialen Interaktion verständlich gemacht werden. Dazu bedarf es alters- und zielgruppengerechte und breit aufgestellte Angebote in Unternehmen, Vereinen, Bildungsträgern und Behörden.
  • Die Ausbildung von Lehrkräften und Erzieher*innen sowie weiteren pädagogischen Fachkräften muss verstärkt Medienpädagogik und die Förderung von Medienkompetenzen beinhalten. Lehrkräfte und pädagogisches Personal sollten kontinuierliche, verpflichtende Weiterbildungsmöglichkeiten in den Bereichen Medienkompetenz und demokratische Bildung
  • Alle Bildungseinrichtungen sollen systematisch Kompetenzen fördern, die es den Lernenden ermöglichen, Medieninhalte kritisch zu analysieren, zu bewerten sowie verantwortungsvoll zu nutzen und selbst zu erstellen. Dies umfasst die Erkennung von Desinformation, die Bewertung von Quellen und die sichere, kreative, nachhaltige, ethisch vertretbare Nutzung von und Partizipation in digitalen Medien.
  • Medienanbieter*innen sollen ihre Rolle in der Bereitstellung von objektiven, faktenbasierten Informationen stärken und möglichst transparent über ihre Arbeitsweisen, Entscheidungen und technischen Implikationen, z.B. algorithmenbasierte Entscheidungssysteme, KI-generierte Inhalte, kommunizieren.
  • Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements: Es muss Raum und Unterstützung für Initiativen geben, die das demokratische Bewusstsein und Engagement der Bürger*innen fördern und insbesondere Teilhabe für Jugendliche und marginalisierte Gruppen ermöglichen.

2. Verantwortung der Politik:

  • Politische Entscheidungsträger*innen in Bund, Ländern und Kommunen sind verpflichtet, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Medienkompetenz und Demokratiebildung fördern. Dazu gehören ausreichende finanzielle Mittel für außerschulische und schulische Bildungsprogramme, die Unterstützung unabhängiger Medien(-angebote) und die Schaffung eines möglichst sicheren , barrierearmen digitalen Raums.
  • Es sollten spezielle, langfristige Förderprogramme für freie Träger durch Bund und Länder geschaffen werden, die Medien- und Demokratiekompetenz als integralen Bestandteil der Bildungslandschaft etablieren. Medienunternehmen sollten finanzielle Anreize erhalten, um hochwertige, faktenbasierte und bildungsorientierte Inhalte zu produzieren und zu verbreiten.

3. Beteiligung der Wirtschaft:

  • Unternehmen im Medien- und Technologiebereich sollen mehr Verantwortung für die Auswirkungen ihrer Produkte auf die Informationslandschaft und die Demokratie übernehmen. Dies umfasst die Einhaltung ethischer und rechtlicher Standards (z.B. Plattformen, Apps und KI-Anwendungen), die Bekämpfung von Desinformation, die Verbesserung des Schutzes der Privatsphäre der Nutzer*innen und des Jugendschutzes gegen Diskriminierung und Rassismus sowie die Bereitstellung transparenter und leicht verständlicher Meldemöglichkeiten.

Für den Erwerb von Medien- und Demokratiekompetenz benötigen wir Bildungsangebote von pädagogischen Akteur*innen für alle Altersgruppen. Um diese Angebote zu entwickeln und dauerhaft zu etablieren, ist eine finanzielle Förderung und Verstetigung durch Bund, Land und Kommune unabdingbar (vgl. Mitgliederumfrage der GMK, 2024).

Daher bedarf es einer nationalen Bildungsoffensive, die Medienpädagogik und politische Medienbildung kontinuierlich fördert und strukturell in der Demokratiebildung verankert.

Weitere Akteur*innen der Wirtschaft, Verlage und Medien, Landesmedienanstalten, Gewerkschaften, Kirchen, Stiftungen und Zivilgesellschaft sind verpflichtet, den Erwerb von Medien- und Demokratiekompetenz zu unterstützen und durch eigene Angebote zu begleiten. Nur so können Menschen jeden Alters den genannten Herausforderungen etwas entgegensetzen.

Autor*innen:

Nadine Berlenbach, Sabine Eder, Rüdiger Fries, Dr. Friederike von Gross und Mitglieder des Kuratoriums der GMK 

Plädoyer als [PDF]

Kontakt:
GMK e.V. | Obernstr. 24 a, 33602 Bielefeld | 0521/677 88 | post@mehr-medienkompetenz.net und gmk@medienkompetenz.de | www.gmk-net.de

Plädoyer mitzeichnen

Ab 2025 sind die Mitunterzeichnenden auf dieser Website zu finden.

    Bitte lösen Sie folgendes Rätsel:

    * Pflichtfelder